Sonntag, 31. August 2014

Erste Eindrücke

Vietnam  - da denkt meine Generation gleich an Ho-Ho-Ho Chi Min, Turbulenzen in (west-)deutschen Universitätsstädten, Agent Orange und die Grausamkeiten des Vietnamkrieges, pardon, amerikanischen Krieges. So heißt er in dem Land, das darunter am Schlimmsten gelitten hat.
Da lohnt sich ein kleiner Einschub aus dem Geschichtsbuch, wenn nicht zur Hand auch Wikipedia.
Hier nur die kürzeste aller Kurzformen: Geschichte eines Landes in 10 Zeilen.
Jahrhundertelange Besetzung durch China, kulturelle Blüte ab 12. Jhrd., französische Kolonie von Mitte des 19. Jhd. bis 1954.  Nach der Niederlage von Dien Bin Phu Teilung des Landes am 17ten Breitengrad.


Erkennt jemand auf dem Bild der Konferenz die Herren Zhou Enlai und Gromyko? Das korrupte südvietnamnesische Regime unter Diem war 1960 erledigt und der Siegeszug der FLN, vulgo Vietcong, einer Guerillaorganisation aller Gruppen - Kommunisten, Buddhisten, Katholiken -  trat den Siegeszug an. Das sollten die Amerika in den folgenden 15 Jahren zu spüren bekommen. Es war der erste Krieg, den man in Europa per Tagesschau frei Haus geliefert bekam. 1976 dann  Vereinigung zur Sozialistischen Republik Vietnam.

Nichts von alledem ist heute noch zu sehen, zumindest auf den ersten Blick, den ich im Juni für ein paar Tage  gewagt habe. George W. Bush (jun.) Arm in Arm mit einem der (einfluss)reichsten Wirtschaftsbosse in Vietnam, Bill Gates bei der Einweihung des (sehr schönen) Uni-Campus - da muss ich mich schon manchmal kneifen,
ob das nicht ein wilder Traum ist. Nein, Vietnam scheint seinen Frieden mit den USA gemacht zu haben und setzt auf dessen wirtschaftliche Schubkraft. Vorsicht, dies ist der Eindruck von einer Woche in Hanoi. Ich werde sicher auf das Thema zurückkommen.

Von welcher Uni ist eigentlich die Rede? Nachdem ich die erneute Einladung nach Indien ablehnen musste, habe ich mich kurzfristig vom DAAD nach Hanoi an die (private!) FPT University vermitteln lassen. Das ist eine auf IT und Wirtschaft spezialisierte Universität, ein Zweig von FPT, dem größten IT-Unternehmen in Vietnam, mittlerweile weltweit operierend. Die steht eigenen Mitarbeitern offen, aber auch Externen gegen happige Gebühren. Mein Schnupperbesuch verlief zufriedenstellend. Deshalb werde ich in wenigen Tagen zu einem 4-monatigen Aufenthalt an dieser Hochschule aufbrechen. Dazu später mehr.

Was mir zu Hanoi zu allererst einfällt:  Welthauptstadt des Mopeds. Nicht zu glauben die extreme Dichte an Zweirädern, auf der Straße, dem Bürgersteig, dem Hinterhof, selbst in Wohnungen wurden schon Moppetts gesichtet. Ansonsten: eine schöne, lebhafte Stadt, teilweise noch mit französischem Einschlag. Man findet z.B. die Pariser Oper wieder, Maßstab etwa 1:0,75. Auch eine Kirche, deren Türme an eine verkleinerte Kopie von Notre Dame erinnern und wunderschöne Alleen gibt es, Paris lässt grüßen. Dazu eine chaotisch-lebendige Altstadt, in der es von Plunder bis zu interessanter Kunst (Galerien!) alles zu kaufen gibt. Das  Hotel am Hoa Kiem See im Zentrum gelegen,in dem ich 3 Tage gewohnt habe, hält den Vergleich mit sehr guten Berliner Hotels aus - zum Preis von 22 €. Für Vietnamnesen eine Stange Geld - der Unterschied zwischen Arm und Reich ist erschreckend. Hier das Edelrestaurant, dort der Privatverkauf von Suppe
auf dem Bürgersteig.

Von all den Widersprüchen und Überraschungen mehr, wenn  ich nicht nur mit dem Rollkoffer sondern mit dem Kopf in Hanoi angekommen bin, und die Arbeit beginnt.

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