Samstag, 15. November 2014

Nur noch ...







... sechs Wochen bleiben mir in Vietnam. Da wird es Zeit mal wieder über die kleinen Erlebnisse zu berichten, die ein Aufenthalt in der Ferne so mit sich bringt. Eigentlich bin ich längst im Alltag angekommen und das meiste erscheint weniger spektakulär als zu Beginn. Besonders der Verkehr. Da schwimme ich  mit meinem Klappfahrrad im Strom der Motorroller und -räder. Das macht bei gutem Wetter sogar Spaß. Allerdings sehe ich jetzt doch öfter Unfälle. Neulich im Taxi: neben uns ein Moto-Bike, die Fahrerin mit Handy am Ohr. Plötzlich krachte es kurz, kein Grund zur Panik. Mit einem tiefen Blick in den Rückspiegel schätzte mein Fahrer die Lage als harmlos ein: Außer leichtem Blechschaden nichts passiert. Die Moped-Fahrerin stand schon wieder. Also ging es weiter ohne die Fahrt auch nur zu verlangsamen.

Auch wenn vieles längst Routine ist:  Manches irritiert und fasziniert  immer wieder. Dazu gehören die Eigentümlichkeiten der Architektur. Gemeint sind nicht die großen, gut bewachten Appartementhäuser, deren Miete sich nur wenige leisten können, also Leerstand und Immobilienblase auch hier. Auch nicht die schönen Kolonialzeitvillen - wie hier die frühere Französische Botschaft, jetzt Bibliothek. Ich meine die kleinen und mittleren mehrstöckigen Wohnhäuser, bei denen man Angst haben kann, dass sie den nächsten Sturm nicht überstehen. Das sind die Einraum-breiten-Häuser, vier, fünf Stockwerke hohe und kaum fünf Meter breite Bauten. In der Stadt ist die Bauweise nicht ungewöhnlich - man zahlte früher nach der Breite der Fassade bemessene Steuern, auch in Deutschland.  Mich irritieren die allein stehenden, raumbreiten, aber zwanzig und mehr Meter tiefen Wohnhäuser. Mit den Grundstückspreisen kann es kaum zu tun haben, denn die berechnen sich bekanntlich nach der Fläche: Breite X Tiefe.

Am Charakter ihrer Häuser sollst du sie erkennen, das könnte man auch von den sakralen Gebäuden behaupten. Nein, Moscheen mit spitzen Minaretten und einem lautstarken Muezzin gibt es hier nicht. Der Kontrast zwischen den (wenigen) Kirchen und den buddhistischen Tempeln ist allerdings bemerkenswert. Die Ortschaft, an der ich auf den Fahrten zum Hoa Lac-Campus vorbei komme, ist sicher nicht das Zentrum des Christentums in Vietnam (immerhin knapp 8 % der Bevölkerung, fast so viel wie in Berlin). Der Kirchturm könnte das aber nahe legen. Dagegen ist der Tempel in der Nähe meines Appartements in eine wunderschöne Grünanlage mit kleinen Teich und den landestypischen Bonsais eingebettet. Verbundenheit mit der Natur ist das Motto, nicht nur im Buddhismus, sondern naturgemäß in den weit verbreiteten naturnahen, oft lokalen vietnamnesischen Religionen.

Jüngst habe ich einen Stadtspaziergang mit den HanoiKids gemacht. Das ist eine Vereinigung, die kostenlos individuelle Führungen durch Jugendliche in Hanoi veranstaltet, die das zum Sprachtraining nutzen. Eine wirklich liebenswerte Einrichtung, die man als Tourist nutzen sollte ( http://hanoikids.org/). Dank meiner Führerin konnte ich auch das Geheimnis der Opiumpfeifen lösen, die man hier häufig sieht. Von wegen Opium, es sind ordinäre Wasserpfeifen, die an jedem Teestand verliehen werden. Man steckt eine Prise Tabak in den kleinen Trichter, nimmt zwei, drei Züge und das war's dann auch schon mit dem Vergnügen. Mittags sind wir in einem Restaurant gelandet, in das ich mich nicht allein getraut hätte - schon weil ich die Karte nicht lesen kann. Keine Touristen, nur Einheimische auf den ortsüblichen Kindergartenhockern, fantastische Speisen. Ich habe kaum irgendwo besser gegessen als hier. Allerdings beschlichen mich doch ungute Gefühle, als ich später in unmittelbarer Nähe einen lokalen Markt mit gebratenen Hunden, traurigen gekochten Hühnern und dicken lebenden Kröten gesehen habe. 

Das Kontrastprogramm habe ich letzte Woche erlebt. Wir waren nach einem Workshop in einem edlen Lokal mit Buffet, in dem es so gut wie alles aus Ost und West gab: Austern, Hummer, Garnelen, Fleisch, kein Fleisch, das tollste aus der vietnamnesischen Küche und ein Traum von Nachtischbüffet. Das alles zum Pauschalpreis von 350000 d - etwa 13 Euro. "Indochine" heißt das Lokal - am Vortag hatte David Beckham dort gespeist, wie wurde uns vertraulich erzählt wurde. Ja, Fußballspieler und Mannschaften wie Manchester United und Borussia Dortmund stehen hier hoch im Kurs. 

In der Kantine im 15. Stock des FPT-Gebäudes geht es etwas weniger   vornehm zu. Die Auswahl an Speisen ist aber auch hier enorm, besser als in den meisten Kantinen, die ich kenne. Und das alles für ca. 1,50 €. Kartoffeln gibt es hier häufig, sie gehören aber eindeutig zum Gemüse. Die Portion Reis ist nicht nur obligatorisch sondern meist auch gewaltig. Nicht weit außerhalb der Stadt wird er angebaut.

Im Labor gibt es häufig was zu feiern, Ausstand, Einstand, Frauentag (Vietnam hat neben dem weltweiten einen eigenen), Geburtstag usw. Dann werden meist vietnamnesische Spezialitäten gereicht. Statt  Kartoffelchips etwa getrockneter cuttle fish, auch Seesterne,  undefinierbare Obst- und Gemüsesorten, vietnamnesische Süßigkeiten (meist sehr lecker!).  Ich muss befürchten, dass aus der geplanten Verbesserung des Body-Maß-Index nichts wird.  



































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