Sonntag, 28. Dezember 2014

Weihnachten...


... in Vietnam. Kein Schnee, wie auch bei 24°? Aber jede Menge Jingle Bells, wie schon früher berichtet. Na ja, schließlich ist Südvietnam christlicher als der Norden. Hué liegt etwa 100 km südlich dieser ehemaligen Grenze.
Hier in der Mitte Vietnams begegnet einem die Geschichte des Landes auf Schritt und Tritt. Kaum zu glauben: Vietnam hatte länger einen Kaiser als Deutschland. Und der residierte seit 1802 in Hué. Da damals ganz Indochina nach und nach zur französischen Kolonie wurde, hatte ein vietnamesischer Kaiser wenig zu tun. Deshalb widmete man sich dem schönen Leben - der letzte soll ein arger Playboy gewesen sein - dem Bau des eigenen Hauses und dem seiner Grabstätte: je prächtiger desto besser. In der Zitadelle entstand die Kaiserstadt, eine Kopie des Kaiserpalastes in Peking. Selbst die verbotene Stadt fehlte nicht. Übrig geblieben ist nicht viel: Die Zitadelle war 1968 / 69 Schauplatz erbitterter Kämpfe zwischen Vietcong und den USA. Die Amerikaner legten Hué in Schutt und Asche, der Vietcong tötete beim Abzug mal eben ein paar tausend unschuldige Zivilisten. Von all dem ist nur noch wenig zu sehen. Die Cyclo-Fahrer, die uns kutschiert haben, erzählten ausführlich und zeigten Einschusslöcher oder versteckte Bunker. Es war übrigens eine richtige Entscheidung, das Cyclo bis zum Eingang zur Kaiserstadt zu nehmen. Immerhin fast 10 km. Die Zitadelle ist eine Stadt in der Stadt mit 50000 Einwohnern - und der Kaiserpalast die Stadt in der Stadt in der Stadt.
Das Grabmal des Playboy-Kaisers, der 1945 aus dem Amt gejagt wurde, ist imponierend. Vor allen Dingen der Ausblick ist wunderschön, nicht unbedingt ein Kriterium für eine Grabstätte. Dagegen zeugt die Grablandschaft des ersten Kaisers von Stil. Er hatte sich noch den Franzosen widersetzt, sich aber nach der endgültigen Niederlage in sein Sommerhäuschen zurückzogen, ein viele Hektar großer    Park mit Tempeln, einem Schauspielhaus, kleinen Seen und natürlich dem kleinen Harem für etwa 100 Frauen. Hier hat er Gedichte geschrieben und über den Sinn des Lebens nachgedacht. Nur schade, dass er sein schön gelegenes Grabmal nicht beziehen konnte: aus Angst vor Grabräubern wurde er ganz modern, so zu sagen anonym, bestattet.

Alle reden vom Wetter, wir auch. Die Fahrt über den, glaubt man den Reiseführern, wunderschönen Wolkenpass mit herrlichem Blick auf den Strand von Da Nang, fand weitgehend in den Wolken statt. Und die regneten sich in den kommenden 6 Tagen über Hoi An, unserem nächsten Ziel, ab. Und hier fing Weihnachten so richtig an. Besonders die Krippe vorm Hotel war beeindruckend. Allerdings sind die vielen bunten Lichter in der Stadt wohl dem Tourismus geschuldet. Hoi An ist nämlich das Touristenziel in Vietnam schlechthin, und das nicht ohne Grund. Die Innenstadt um den Hafenbereich besteht aus Häusern, die oft mehrere hundert Jahre alt sind. Faifo, so hieß Hoi An noch im 17. Jahrhundert, war damals eine der wichtigsten Häfen. Viele Händler, besonders aus China und Japan ließen sich hier nieder und machten gute Geschäfte. Davon zeugen die tempelartigen Versammlungshallen. In denen wurden wohl anfangs die Preise der Waren abgesprochen wurden - ein Kartellamt gab es noch nicht. Später wurden es Tempel zur Ahnenverehrung. Alles schön nach regionaler Zugehörigkeit der chinesischen Händler. Das erklärt, warum es in dem kleinen Ort mindestens 5 verschiedene  dieser imposanten Häuser gibt. Die Wohnhäuser folgen alle der gleichen Architektur: vorne ein Bereich für die Ahnenverehrung, dann das Geschäft und schließlich hinter einem Innenhof der Wohnbereich. Die Aufteilung heute sieht meist etwas anders aus: Souvenirshop, Restaurant, dahinter Küche oder Werkstatt. Hier werden die vielen Kleider, Anzüge, Blusen, Jacken, Kimonos und T-Shirts geschneidert, die den Touristen  etwas zu aufdringlich angepriesen werden. Lohnt sich: Museum für Gebrauchskeramik, Museum zur Stadtgeschichte und natürlich die japanische Brücke, die das Viertel der chinesischen Einwohner mit dem der japanischen verband.

Auch die Umgebung kann manches über die ältere und jüngere Geschichte erzählen. My Son, etwa 30 km von Hoi An entfernt und gefühlt mitten im Dschungel gelegen, war die Kultstätte der Cham, eines Volkes mit indischen Wurzeln, das ab  dem 2. Jahrhundert die Mitte Vietnams besiedelte und inzwischen praktisch ausgelöscht wurde.  Die hinduistischen Spuren, z.B. die Verehrung von Shiva, sind noch deutlich in den Ruinen der Tempelanlage erkennbar. Die Tempel in der jetzigen Form, massive Ziegelbauten, wurden aber erst seit der Jahrtausendwende errichtet. Die Konstruktion gibt den Historikern (und Bauingenieuren) nach wie vor Rätsel auf: Die möglicherweise polierten Ziegel sind ohne Mörtel mit einer unbekannten Substanz zu monumentalen Bauwerken verklebt worden. Die meisten Bauten sind aber seit 1969 Ruinen: das Gebiet gehörte zur "fire free zone" der Amerkaner. Einige Bombentrichter findet man noch heute im Gelände. Wie sich die Bodentruppen damals gefühlt haben müssen, kann man sich bei Nieselregen, tief hängenden Wolken, 25° mit gefühlter Luftfeuchtigkeit von 100% und triefendem Regenwald gut vorstellen. 

Und Weihnachten? Galadinner im Hotel, Liveband mit Jingle Bells, Stille Nacht und ... lateinamerikanischen Rhythmen, ziemlich gut. Und dann noch die Gameshow mit Verlosung (ersten Preis gewonnen! Nein, kein einwöchiger Aufenthalt in Hoi An sondern zwei Flaschen Wein) und Spielewettbewerbe, etwa Wetttrinken einer Flasche Bier mit Strohhalm. Als Weintrinker hatte ich keine Chance...


Die ursprünglich geplanten Badetage am Südchinesischen Meer fielen nicht nur dem Regen zum Opfer. Der Monsun hatte in Hoi An große Teile des Strands weggespült und musste mit Spundwänden gesichert werden.


Und nun: Abschied von Hanoi. 



Samstag, 27. Dezember 2014

Wenn schon ....

.... Tourismus, dann aber richtig. Wir haben in dieser Woche eine Mini-Kreuzfahrt in der Halongbucht gemacht und heute geht es nach Hué und Hoi An. Davon später. Die Halongbucht ist total spektakulär. Aber erst mal gilt es eine 4-stündige Busfahrt zu überstehen - für 160 km. Die Straßen sind zwar relativ gut gepflegt, dafür ist der Verkehr (Mopeds!!) um Hanoi rum heftig. Dazu eine halbe Stunde Pause, in der man von Hägen-Daaz bis zum weißen Löwen (Marmor!) alles kaufen kann - zum doppelten Preis. Den Löwen hatten wir eigentlich für unseren Garten vorgesehen, haben aber aus nahe liegenden Gründen verzichtet.
Der Hafen in Vinh-Halong Bay ist zunächst auch wenig eindrucksvoll, viele neue Hotels, Golfplatz im Bau, und kleine und große Boote im Hafen. Mit dem Trailer geht es dann raus auf die Rede zur 'Phoenix Luxury', außen von Luxury keine Spur.
Innen dagegen sehr gediegen, bestens ausgestattete Kabinen für insgesamt 16 Leute, alles Mahagoni-getäfelt, großer angenehmer Speiseraum. Und schon fing das Programm an: 13:15 Lunch und was für eines. Aber erst mal die Landschaft. Unzählige kleine und größere, meist recht hohe, grün bewachsene Inseln im Meer soweit das Auge reicht. Und das alles bei einem etwa 10-gängigen Menü. Danach Kajakfahren um einen der riesigen Felsen. Darauf haben wir zugunsten eines Sonnenbades verzichtet, als der Tourguide anmerkte, man könne leicht ins Wasser fallen, Badekleidung sei angezeigt. Danach wahlweise Sprung ins Meer an einem weißen Sandstrand, bei einer Wassertemperatur von immer noch über 20° sicher ein Vergnügen, allein mir fehlt die Badehose. Stattdessen haben wir einen Felsen erklommen, gefühlte 253 Stufen, unterwegs wunderschöne Aussicht auf die Bucht, auf dem Gipfel eher Gedränge. Schließlich haben alle Touristenbote ein ähnliches Programm. Und der Felsen ist als einzige Insel in der Bucht bewohnt - von Affen. Prompt wurde ein Tourteilnehmer unserer Gruppe im Kampf um eine Kokosnuss gebissen. Bewohnt ist in einigen Buchten das Meer selbst. Hier leben lokale Fischer, ob das ganze Jahr über oder nur für einige Monate im Jahr, weiß ich nicht. In jedem Fall müssen Sie praktisch alles kaufen, angefangen beim Trinkwasser, denn die Inseln bestehen aus Kalksandstein.
Entstanden sind sie innerhalb von 300 Millionen Jahren in "einem komplexen geologischen Prozess". Das deutet darauf hin, dass den Geologen die Entstehung dieser einzigartigen Landschaft auch nicht so ganz klar ist.
Das abendliche Dinner stand dem Lunch nicht nach, selbst das Frühstücksbuffet war reichhaltig und (mit Toast, Eiern mit Schinken oder Marmelade) total westlich. Das einzige vietnamesische Speise, eine heiße ich-weiss-nicht-was Suppe, blieb unangetastet.  Das war allerdings die Ausnahme: die sonstigen Speisen waren beste vietnamesisch Küche. Wir mussten selbst dazu im Rahmen eines Kochkurses für Nems (viet. Frühlingsrollen) beitragen. Zuvor haben wir am zweiten Tag eine riesige Tropfsteinhöhle auf einer der Felsinseln besucht. Imponierend.
Alles in allem eine wunderschöne kleine Reise in der Reise. Die Tour (eine Übernachtung reicht, sonst muss man laut Programm doch noch Kajak fahren) lohnt sich in jedem Fall, auch wenn die Rückfahrt nach Hanoi im (komfortablen) Bus wieder 4 Stunden dauert.
So, und nun steht Weihnachten in Hoi An / Da Nang an, der Flug nach Hué startet in knapp drei Stunden.




























Hanoi als ...

... Tourist. Jetzt bin ich endgültig im Touristenmodus. Zeit, um endlich die Sehenswürdigkeiten näher kennen zu lernen. Verschaffen wir uns zunächst einen Überblick. Vom 65. Stock des Lotte-Hochhauses (Lotte: eine großer koreanischer Konzern, in Hanoi gut vertreten) kann man zwar nicht das eigentliche Touristenviertel rund um die Altstadt sehen, dafür bekommt man einen Eindruck von der Dimension der Stadt - mittlerweile mehr als 5 Mill. Einwohner. Und von hier sieht man sogar mein Penthouse, ja genau dort.

Ho Chi Minh ist von der jährlichen 2-monatigen Überholung - so was wie ein Ölwechsel -  aus Moskau zurück (dort hat man bekanntlich viel Erfahrung mit der Konservierung der Vergangenheit). Wir können uns also der langen Schlange der Mausoleumsbesucher anschließen. Eindrucksvoll ist das schon, auch welche Verehrung der frühere Präsident nach wie vor genießt. Mit Verstorbenen kann man es ja machen: Ho, angeblich ein bescheidener, gebildeter Mensch, wollte auf keinen Fall ausgestellt werden, keine grandioses Staatsbegräbnis, Bescheidenheit war wohl eine seiner Tugenden. Was daraus geworden, na ja. Tatsächlich hat er darauf verzichtet, im Präsidentenpalast zu wohnen. Sein einfaches Wohnhaus, im Sommer eine Art Gartenhaus, zeugen von seiner Haltung, das Mausoleum von der seiner Nachfolger....

Die Vietnamesen haben ein enges Verhältnis zur Geschichte, auch im Negativen: Das Verhältnis zu China, Jahrhunderte lange Besatzungsmacht, ist angespannt. Der Streit um einige Inseln vor der Küste ist nicht der Auslöser sondern ein weiteres Indiz für die Spannungen. Gleichwohl ist Vietnam geprägt von der chinesischen Kultur. Der so genannte Literaturtempel wurde 1045 gegründet und war bis zum Anfang des zwanzigsten (!) Jahrhunderts die Schule der staatlichen Elite. Nach Regionalausscheidungen durften die Besten die höheren Weihen der Lehre des Konfuzius empfangen. Dazu mussten 7 Bücher  von Konfuzius (deshalb Literaturtempel) auswendig gelernt, die Form von Staatspapieren eingeübt und allgemein die Philosophie der Konfuzianer studiert werden. Kreativität oder Innovation - die heutigen Tugenden - waren nicht gefragt. Die hierarchische Struktur der Welt - jeder hat seinen Platz, ob oben oder (die meisten) unten - blieb  unangetastet. Vielleicht erklärt sich so die hohe Durchfallquote, nur wenige schafften das Examen. Querdenker waren nicht gefragt. 
Die sehr gut restaurierte Anlage ist eindrucksvoll. Durch sieben Höfe und Gebäude gelangt man zum Ehrentempel für die Gründer der Schule. Unser Besuch war allerdings nicht ganz so weihevoll wie üblich. Eine Heerschar von Grundschülern, offenbar beim Wandertag, begrüßte uns mit lautem, nicht enden wollendem "hello". Beeindruckend war es dennoch.

Von weihevoller Ruhe kann in der Altstadt erst recht keine Rede sein. Hier steppt der Bär, vielleicht auch der Hund. (Man sieht Hunde nicht nur in essbarem Zustand auf dem Markt sondern auch als verhätschelte - gegen die Kälte von 18° eingekleidete - Schoßhündchen). Aber die Altstadt ist vor allen Dingen buntes Leben. Schöne, leicht bis mittelschwer morbide Häuser aus der Kolonialzeit, Handwerker aller Orten - straßenweise geordnet nach Metallverarbeitung, Holz usw. - und kleinen budddhistische Tempel. In den engen Gassen soll sich schon mancher verirrt haben und nicht wieder aufgetaucht sein... Dank Google maps mit GPS - Position bleibt einem das Schicksal heute erspart. Die Altstadt grenzt an den Hoan Kiem - See, eine Oase im großstädtischen Trubel, den ich schon früher beschrieben habe. Und selbst Touristen sollen hier schon am Morgen oder Abend beim Tai-Chi gesichtet worden sein.








Dienstag, 16. Dezember 2014

Das Mekongdelta....

... Endstation einer Legende: mehr als 4000 km lang, fließt durch sechs Länder und ist so breit, dass er sich in Vietnam in zwei Flusssysteme teilt. So mancher träumt davon, den Mekong die mehr als 5000 m Höhenunterschied von Tibet bis in das  südchinesische Meer hinunter zu segeln. Wir mussten uns mit einer eintägigen Tour von Saigon in das Gebiet von Ben Tre begnügen. Ben Tre, da war doch was? Richtig: "Ben Tre musste zerstört werden, um es zu retten" äußerte der amerikanische Oberkommandierende Westmoreland nach dem heftigen Bombardement. Wie sich überhaupt ein großer Teil des Krieges im Delta abspielte. Von all dem ist nichts mehr zu sehen, aber wer "Apocalypse Now" mit Marlon Brando gesehen hat, fühlt sich den Soldaten von damals näher, wenn man auf dem Mekong fährt, selbst in einem Touristenboot. Aber eins nach dem andern.

Die 2-stündige Bustour endet kurz nach Überquerung des Oberen Mekong (der zweite heißt nachvollziehbar Unterer Mekong) nahe eines dichten Palmen und ich-weiß-nicht wie-die-Bäume-heißen Waldes. Man merkt sofort: Schwemmland, überall kleine Seen, Flussläufe, Sümpfe. Es geht zu Fuß durch den Dschungel bis wir zu einer kleinen Siedlung kommen und mit Tee, Früchten und traditioneller Vietnamesischer Musik bewirtet werden. Letztere etwas gewöhnungsbedürftig. Danach mit Ruderbooten durch den Urwald - so wirkt es, in Wirklichkeit ist die Waldlandschaft locker besiedelt. Wir erreichen eine .... Bonbonfabrik. Richtig, Karamelbonbonproduktion in Handarbeit. Basis sind Kokosnüsse, die mit Karamelmasse und Aromastoffen versetzt hervorragend schmeckende Bonbons liefern. Dann noch eine Begegnung mit der Natur: Eine riesige Python klettert aus einem Karton. Ja, Schlangen gibt es hier so viele, dass sie sogar verspeist werden. Das bleibt uns erspart. Aber die Fotos sind eindrucksvoll.  Und dann folgt die Fahrt auf dem Fluss. Hier stellt sich bei mir wirklich das Apocalyse-Feeling ein: Links und rechts dichter Dschungel, aus dem jeder Zeit auf uns geschossen werden kann..., nein, alles ganz friedlich, aber es bedarf wenig Fantasie, um sich in die Situation vor 40 Jahren zu versetzen. Danach ein angenehmes Mittagessen mit Elefantenohrfisch, und Fortsetzung der Bootsfahrt auf dem Mekong. Den Abschluss bildet der Besuch eines der ältesten buddhistischen Tempel Vietnams (man sieht es ihm dank Renovierung nicht an). Eine wunderschöne Anlage mit drei Darstellungen Siddhartha Gautama, auch Buddha genannt:  Vergangenheit - liegend, Gegenwart - sitzend, und Zukunft, stehend. Da fühlt man sich tatsächlich ganz klein.

                          




Am Abend hat uns das wilde Saigon wieder.